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Der Autor über das Buch Das Monster im Menschen Vor rund 200 Jahren (1818) schrieb die 20jährige Mary Shelley den Schauerroman FRANKENSTEIN - ein Gewebe von schrecklicher und abstoßender Absurdität“. Im Mittelpunkt steht der Wissenschaftler Victor Frankenstein, der aus Leichenteilen einen neuen Menschen schafft - ein monströses Geschöpf und ein Filmstoff par excellence. Der berühmteste Darsteller der Kreatur war Boris Karloff. (FRANKENSTEIN 1931, BRIDE OF FRANKENSTEIN 1935, SON OF FRANKENSTEIN 1939) Er spielte ein sanftes Ungeheuer, ein gentle monster, und bekam Waschkörbe voll Fanpost von jungen Mädchen. Eine der eindringlichsten Adaptionen des Stoffes war die von Kenneth Branagh mit ihm selbst als Frankenstein und Robert De Niro als Monster (MARY SHELLEY`S FRANKENSTEIN 1994). Hier war es die erklärte Absicht Branaghs, das Monster als eine Liebe suchendes, von der Gesellschaft verstoßenes Geschöpf zu zeigen, das zwangsläufig zum Mörder werden muss. Das Thema somit: Wann und wodurch wird ein Mensch zum Monster? US-Soldaten, die Gefangene foltern, Selbstmord-Attentäter, die ohne Empfindung für das Leid des Anderen Unschuldige ermorden, Kinder-Soldaten, die andere Kinder verstümmeln: Wir erleben eine Hoch-Zeit von Ungeheuern. Vorurteile, Hass, Fanatismus und Menschenverachtung führen ihre Totentänze auf. Wir sind weit entfernt von den Gedanken des P.E.N.-Präsidenten Jiri Grusa, der sagt: Wir müssen den Schmerz des anderen annehmen. Sehr weit entfernt sind wir auch von Martin Bubers Einsicht: Das Fundament des Mensch-mit-Mensch-Seins ist der Wunsch jedes Menschen, von Menschen bestätigt zu werden... Mensch Frankenstein Mein Buch MENSCH FRANKENSTEIN ist ein fantastischer Roman, der Ereignisse schildert, die so durchaus stattfinden können. "Mein" Monster FRANKENSTEIN kommt als naturhaftes Wesen in einer subway in San Francisco auf diese Welt, ohne etwas über seine Herkunft zu wissen. Frankenstein schlägt sich auf die Seite von Demonstranten - Idealisten, Pazifisten, Globalisierungsgegner - wie ein Kind, das oft instinktiv weiß, was Recht und Unrecht ist. Bei den Demos lernt er die Aktivistin Peggy kennen und verliebt sich in sie. Eine unerfüllte Liebe zunächst. Frankenstein wird gefangen genommen, zum Wohlverhalten erzogen, und, als seine immer noch ungebärdige Natur durchbricht, bekommt er eine Machomaske und einen Körperpanzer, der keine Gefühle mehr durchlässt. So ausgestattet wird Mensch Frankenstein ein erfolgreicher Unternehmer und Parteiführer und geht im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen. Er tritt in die Fußstapfen seines Oheims Victor von Frankenstein, der sich selber klonte und seine Klone als "Bokanowskys" in Leihmüttern ausbrüten ließ. Die Frage also: Ist nicht dieser charmante, gewinnende Frankenstein das wirkliche Monster? Glücklicherweise gibt es Gegenkräfte in der Gestalt von Peggy, einer mutigen "Regenbogen"-Kämpferin und in der Gestalt eines Mystikers, der Frankenstein hilft, sich selbst zu erkennen. Ein Höhepunkt des Buches: Der alerte Frankenstein "wäscht" sich in einer Talkshow sein Gesicht und wird wieder der, der er war und der er ist. "Alles ist gut wie es aus der Hand des Schöpfers kommt." Der natürliche Mensch Frankenstein gewinnt Peggys Liebe und die Liebe ihrer 14jährigen Tochter Franka und wird der etablierten Ordnung gefährlich. Er reist quer durch Länder und Zeiten und wiegelt die Menschen zum Widerstand gegen die herrschenden Systeme auf. Erneut wird er - gemeinsam mit Peggy - diesmal in London verhaftet, in die USA gebracht und dort eingesperrt. In diesem Kapitel gibt es noch einiges Mysteriöses, das ich jetzt nicht entschlüsseln will. Das Trio in der grill cell Die aktuellen Ereignisse überholen jede Fantasie. So hat mich Guantánamo veranlasst, die elektronisch überwachte Zelle, in der Frankenstein verhört wird, in einen Atombunker, einer Dependance von Guantánamo, zu legen. In dieser grill cell erleben wir dramatische Zuspitzungen. Da ist das naturhafte monströse Geschöpf Frankenstein, aufgehängt in einem Flaschenzug, einzementiert in eine Betonwanne. Da ist Peggy, die ihm zugeneigte Aktivistin. Und da ist Daniel Dawn, Jurist und Ermittlungsbeamter der US-Administration - der Ehemann von Peggy. Aus dem Miteinander und Gegeneinander der drei entwickelt sich die Story. Befreiung und Tod Frankensteins Entwicklung ist beispielhaft. Vom natürlichen monströsen Wesen zum fabelhaften Kapitalisten und Politiker und wieder zurück zu sich selbst. Peggy ist im Vergleich dazu eine beständige Persönlichkeit. Sie folgt ihren "närrischen Ideen" - wie der Ehemann sagt -, ihren Wünschen, die Welt zum Besseren zu verändern. Doch sie wird durch Frankensteins Erzählungen in ein Wechselbad der Gefühle getaucht. In einer Sexszene wirkt F. ausgesprochen widerlich. Ergreifend die zufällige Begegnung von Frankenstein mit Peggy und ihrer Tochter Franka auf einer Urlaubsinsel. Frankenstein mit Macho-Maske ist so überwältigt, dass "sein Gesicht unter der Maske blutete..." Daniel Dawn, der Vater von Franka, und Peggy leben in Scheidung. Das Wiedersehen hier in der grill cell ist für Dan aufwühlend. Er, der Diener der US-Administration, erkennt, dass er ein falsches Leben geführt hat. Eine der stärksten Szenen des Buches: Der gefesselte Frankenstein ruft Daniel an: "Befreie mich. Bestätige mich als Menschen!" Dan gibt tatsächlich der Elektronik den Befehl, Frankenstein zu befreien. Doch die Elektronik gehorcht nicht. Das Geschehen in der Zelle ist natürlich aufgezeichnet worden und wird life beobachtet. Die INSTANZ übernimmt und Frankenstein und Peggy und Daniel werden eliminiert und entsorgt. "Entsorgen hieß: Keine Daten mehr. Keine Sorgen mehr. Auslöschen jeder Erinnerung." Es gibt jedoch noch einen tröstlichen, zukunftsweisenden Schluss. |
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